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Adventskalender (1): Der Stein von Rosetta
Liebe Leserinnen und Leser,
schon wieder ist ein Jahr am Fachbereich vergangen und es ist Zeit für unseren alljährigen Adventskalender, um uns allen diese Zeit noch etwas zu versüßen.
Dieses Jahr wird es hier um skurrile Fakten, historische Ereignisse und Mythen gehen, die Literatur oder Bibliotheken betreffen. Und so breit das Thema ist, so vielfältig werden auch die Beiträge sein: es wird mythenumrankte Bibliotheken geben, skurrile Bücher, die einige Mitglieder aus dem Kurs 2023/2026 in ihrem Praktikum entdeckt haben, True Crime Fälle in Bibliotheken und noch einiges mehr.
Viel Spaß mit unserem Adventskalender und eine schöne Vorweihnachtszeit wünschen die Studierenden des Fachbereichs Bibliothekswesen!
jH
Der Stein von Rosetta
Der Stein von Rosetta ist eines der bekanntesten antiken Artefakte und das beliebteste Museumsobjekt in Großbritannien, denn jedes Jahr besuchen ihn fast sechs Millionen im British Museum in London. Vermutlich hat auch von euch schon jeder einmal von dem Stein gehört oder Bilder gesehen.
Doch was genau hat er mit Literatur zu tun?
Auf dem Stein befindet sich eine Inschrift in drei verschiedenen Sprachen: Mittelägyptisch in Form von Hieroglyphen, demotisch und altgriechisch. Die Hieroglyphen stellten hierbei eine altertümliche und traditionelle Textvariante dar, während demotisch und altgriechisch als Amts- bzw. Alltagssprachen verwendet wurden. Der Text ist ein Dekret und wurde vom ägyptischen König Ptolemaios V. (er lebte von 210 v. Chr. bis 180 v. Chr.) und Priestern aus ganz Ägypten während einer Synode verabschiedet. Eine Synode ist eine jährlich stattfindende Versammlung. Durch Dekrete wie dieses wurde die Bevölkerung über Verordnungen informiert, die die bestehenden Gesetze ergänzten. Das hier Niedergeschriebene beschäftigte sich unter anderem mit Steuergeschenken an Tempel und die Armee, sowie mit dem Ausbau der Festung von Schekan/Lykonpholis.
Steine wie dieser wurden im Laufe der Zeit oft zweckentfremdet, um verschiedene Gebäude zu errichten. Den Stein von Rosetta ereilte dasselbe Schicksal und er wurde ins Fort Saint Julien verbaut. Dieses Fort liegt außerhalb der Stadt Rosetta (auch Rosette genannt), die auf Arabisch (El-)Raschid heißt und im Westdelta des Nils liegt.
Im Jahr 1799 entdeckten französische Truppen unter Pierre François Xavier Bouchard den Stein in einer Mauer und brachten ihn ins Haus des Gouverneurs von Alexandria. Ein Jahr später verlor Frankreich seinen Einfluss auf Ägypten an das Vereinigte Königreich und König George III., wodurch der Stein den Briten in die Hände fiel, die ihn nach London brachten. Sofort nach der Ankunft wurden vier hochwertige Kopien des Steins erstellt, die auch heute noch vorhanden sind. Auch wurden viele Gipsabdrücke erstellt, die auf der ganzen Welt verbreitet wurden.
Das ist zwar alles sehr interessant, aber wir sind noch immer nicht bei dem Teil angekommen, bei dem es um die Bedeutung des Steins von Rosetta für die Literatur geht, richtig? Das kommt jetzt. Mithilfe dieses Steins (und des „Bankes-Obelisken“) gelang es 1822 Jean-François Champollion als Ersten, die Hieroglyphen der altägyptischen Sprache zu entziffern. Ausschlaggebend dafür war zwar der erwähnte Obelisk, doch die hohe Textmenge auf dem Stein bot dem Wissenschaftler eine gute Basis. Denn obwohl keiner der drei Texte auf dem Stein von Rosetta vollständig erhalten ist, befinden sich 14 Zeilen hieroglyphischer, 32 Zeilen demotischer und 54 Zeilen altgriechischer Text darauf. Champollion hat seine Erkenntnisse über die Hieroglyphen in der Schrift „Lettre à Monsieur Dacier“ veröffentlicht und kam damit seinen Konkurrenten Johan Åkerblad und Thomas Young zuvor, die sich ebenfalls mit der Entzifferung des Steins beschäftigten.
Vor einigen Jahren wurden dann auch neue Scans durchgeführt, unter anderem für die Erstellung eines 3D-Modells und einer Depth Map. Dieses Modell, weitere Informationen über den Stein von Rosetta und Bilder findet ihr in einer digitalen Ausstellung der Deutschen Digitalen Bibliothek unter diesem Link:
https://ausstellungen.deutsche-digitale-bibliothek.de/stein-von-rosette/#s3
jH
Quelle:
https://ausstellungen.deutsche-digitale-bibliothek.de/stein-von-rosette/#s3 (30.11.2024)
Bildquelle:
Foto von Matteo Vistocco auf Unsplash
https://unsplash.com/de/fotos/braunes-und-blaues-mesh-textil-KOUvMTHK64I?utm_content=creditShareLink&utm_medium=referral&utm_source=unsplash (30.11.2024)