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Adventskalender (2): Die Bibliothek von Alexandria – Zwischen Mythos und Wirklichkeit

[studierende.aub] - 2. Dez 2024, 06:00

Sie gilt als die bedeutendste Bibliothek der Antike und als die erste Universalbibliothek der Welt: die Bibliothek des Museion in Alexandria. In zahlreichen zeitgenössischen Quellen wird von ihr berichtet, nach Überresten dieser legendären Bibliothek sucht man heute aber vergebens – ihr Untergang bleibt ein Rätsel.

Doch was wissen wir eigentlich über die Bibliothek von Alexandria und was machte sie so bedeutsam?

Aufgrund der zahlreichen Erwähnungen der Bibliothek von Gelehrten kann man zumindest davon ausgehen, dass die Bibliothek von Alexandria tatsächlich existiert hat. Sie wurde vermutlich Anfang des 3. Jahrhunderts vor Christus als Teil des Museion in Alexandria gegründet, einem Musentempel und zugleich attraktiver Forschungsstätte für Gelehrte wie beispielsweise Archimedes oder Euklid. Von einem separaten Bibliotheksgebäude ist in den historischen Quellen nicht die Rede. Wahrscheinlich befand sie sich innerhalb des Palastbezirks und war in erster Linie Gelehrten und dem Königshof zugänglich. Als königliche Bibliothek bildete sie nicht nur ein Zentrum für Bildung und Forschung, sondern erfüllte auch repräsentative Zwecke und war ein Instrument zur Absicherung der Herrschaft der Ptolemäer.

Dabei wurde ein ehrgeiziges Ziel verfolgt: eine umfassende Sammlung aller Bücher aller Völker der Welt und die Übersetzung aller Werke ins Griechische. Zur Verwirklichung dieses Ziels einer universalen Bibliothek wurden Kopien des Schriftguts gekauft oder ausgeliehen und vervielfältigt. Auch Beschlagnahmungen soll es gegeben haben, wobei die Werke ebenfalls vervielfältigt und lediglich die Kopien zurückgegeben wurden. In der Blütezeit der Bibliothek von Alexandria soll der Bestand Schätzungen zufolge zwischen 400.000 und unglaublichen 700.000 Buchrollen umfasst haben.

Eine große Errungenschaft stellt das Verzeichnis der Bestände dar, eine frühe Form des Katalogs, der nach Autoren und Fachgebieten gegliedert und innerhalb dieser Kategorien grob alphabetisch geordnet war. Dieser Katalog bildete die Grundlage für spätere Bibliographien dieses Zeitalters. Zudem gilt die Bibliothek des Museion als Wiege der alexandrinischen Philologie, ermöglichte sie doch die Auseinandersetzung Gelehrter mit einer großen Fülle an Texten.

Wie konnte solch eine große und bedeutende Bibliothek untergehen?

Quelle: https://pixabay.com

Der Legende nach soll sie um 48 vor Christus den Flammen zum Opfer gefallen sein, als Cäsar im Alexandrinischen Krieg im Palastviertel eingeschlossen war und sich gezwungen sah, zum Hafen zurückzuweichen und die ägyptische Flotte in Brand zu setzen. Dieses Feuer soll sich in der Folge stark ausgebreitet und auch im Palastviertel gewütet haben. Rätselhaft bleibt, dass weder Cäsar noch andere Chronisten über die Zerstörung der Bibliothek berichten. Auch die Forschungstätigkeit der Gelehrten setzte sich ohne Bruch fort. Der Brand im Hafen und die Zerstörung von Büchern werden jedoch bestätigt. Deshalb wird vermutet, es könnte sich um einen Brand in einem Papyruslager gehandelt haben. Über den wirklichen Grund für den Untergang der Bibliothek können wir nur spekulieren. Wahrscheinlicher als die Zerstörung durch den Brand im Hafen ist, dass sie mit der Eroberung des Gebiets durch die Römer in einem schleichenden Prozess an Prestige und Bedeutung verlor. Außerdem verlagerten sich die Schwerpunkte der Forschung, sodass sie mit der Zeit wohl keine Gelehrten mehr anzuziehen vermochte, nicht mehr ausreichend gepflegt und schließlich ganz vernachlässigt wurde.

Eines jedenfalls steht fest: Die Bibliothek des Museion ist zum Symbol für antike Bildung und Forschung und das Konzept einer universalen Bibliothek geworden. Durch die vielen Überlieferungen hat sie die Zeit überdauert und dabei nichts von ihrer Strahlkraft eingebüßt.

Und heute?

Quelle: Shivani Singh4 (2018). Alexandria's Bibliotheca, CC BY-SA 4.0, online unter URL: https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Alexandria%27s_Bibliotheca.jpg#filelinks [29.10.2024].

Ganz in der Nähe der mutmaßlichen Stätte der antiken Bibliothek steht heute die Bibliotheca Alexandrina, die die Tradition von Offenheit und Gelehrsamkeit in der Moderne fortführt. Sie versteht sich als Zentrum für Exzellenz und als Ort des Dialogs und des Lernens. Weitere Informationen zur Neuen Bibliothek von Alexandria und ihren Angeboten unter https://www.bibalex.org/en.

iF

Quellen:

Hatzimichali, Myrto (2013). Ashes to ashes? The library of Alexandria after 48 BC. In: König, Jason, Aikaterini Oikonomopoulou, and Greg Woolf, eds. Ancient Libraries. Cambridge: Cambridge University Press, S. 167-182.

Jochum, Uwe (1999). The Alexandrian Library and its Aftermath. In: Library History, 15(1), S. 5-12. Online unter https://doi.org/10.1179/lib.1999.15.1.5 [28.10.2024].


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